Verlieren wir einen geliebten Menschen, bleiben viele Dinge und Erinnerungsstücke zurück. Was macht man mit all den Sachen, die jemandem mal wichtig waren, die er geliebt und täglich benutzt hat? Entsorgt man diese? Das Gefühl das dabei entsteht, etwas davon weg zu tun, wird jedes Mal als kleiner Abschied empfunden, es schmerzt ungeheuerlich. Wir können aber nicht alles behalten und die Trennung von diesen Sachen ist ein schwieriger Prozess. Es gibt Menschen, die bringen es gleich ‚hinter sich‘, anderen gelingt es erst nach einer gewissen Zeit, anderen erst nach Jahren oder auch überhaupt nicht. Für viele sind diese Gegenstände geeignete Objekte zu glauben, den geliebten Menschen noch in der Nähe zu haben und ihn so regelrecht zu spüren. So hatte der Onkel einer Freundin bis zu seinem Tod immer die Hausschuhe seiner geliebten verstorbenen Frau im Flur stehen – so als wenn sie gleich wieder das Haus betreten würde.
Roland Kachler schreibt dazu in seinem Buch Meine Trauer wird dich finden: „Kleidungsstücke sind hier von besonderer Bedeutung. Oft tragen sie noch den Geruch des Verstorbenen. Manche Hinterbliebene bewahren sie lange auf, ohne sie zu waschen. Immer wieder drücken sie Kleidungsstücke an die Wangen, um an ihnen zu riechen und sie zu spüren. Über den Geruch wird die Nähe des Verstorbenen intensiv wahrgenommen.“
Ein einziges Objekt kann bei uns eine Flut von Erinnerungen auslösen. Erinnerungen an Menschen, Orte, Situationen oder ganze Lebensphasen werden auf einmal wieder lebendig, die wiederum eine heilsame Wirkung in persönlichen Krisen und im Trauerprozess haben können. Eine Befragung von vielen unterschiedlichen Menschen, was sie mitnehmen würden, wenn sie noch einmal in ihr brennendes Haus gehen dürften, ergab Folgendes: Die Mehrzahl würde sich für Erinnerungsstücke entscheiden, also physische Manifestationen von Erinnerungen, die einen hohen persönlichen Wert haben. Der teure Teppich würde allerdings liegen bleiben. Es ist also die persönliche Verbindung, die diese Gegenstände so kostbar macht, sie sind unersetzbar!
So schreibt auch Robin Lohmann in ihrem Buch Was gestern war, hilft mir für morgen. Lebenskompetenz durch Erinnerung: „In dem Moment in dem eine Erinnerung auftritt, existiert sie nicht mehr in der Vergangenheit, sondern wird Teil unseres gegenwärtigen Erlebens. Die Erinnerung ist der Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart aufeinander treffen. Wenn wir uns an etwas Schönes erinnern, wird unsere Gegenwart bereichert und sogar verwandelt. Sich an die Erfahrungen erinnern zu können, verleiht dem Leben Sicherheit und Sinn. Die Erinnerung an eigene Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen hilft uns bei der Bewältigung unserer gegenwärtigen Aufgaben und Herausforderungen.“
Diese Zeilen beschreiben für mich sehr eindrucksvoll, warum ich mich mit Begeisterung und Motivation meiner Erinnerungsschneiderei widme. So kann ich zum einen meine kreativen Ideen ausleben und in die individuellen Wünsche meiner Kunden einbringen. Zum anderen sind auch diese Erkenntnisse und (Lebens)Erfahrungen meine Triebfedern, mich mit der Thematik der „Erinnerungsschneiderei“ so intensiv zu beschäftigen.
Ich bin absolut von folgender Erkenntnis überzeugt: Auch wenn wir neues und unbekanntes Terrain in unserem Leben betreten (müssen), kommen uns Erinnerungen zur Hilfe. In diesen Zeiten des Wandels fließen Erinnerungen an frühere Begebenheiten in unser Bewusstsein. Sie helfen dabei, Kraft zu tanken für den beschwerlichen Weg, der vor einem liegt. Erinnerungsstücke sind der Schlüssel dazu.
Deshalb lautet mein Motto: „Ein Teil von dir, bleibt bei mir.“
In meinem nächsten Blogbeitrag berichte ich, was meine Kunden zu ihren Erinnerungsstücken gesagt haben und was sie empfanden, als sie ihre persönlichen Stücke zum ersten Mal in ihren Händen hielten.